Ein Nachruf. Im Zuge der Industralisierung, als die grossen Fabriken entstanden und es wenigen Auserwählten gelang, sich vom Fabrikarbeiter, zum Vorarbeiter, zum Teamleiter und am Ende zum Fabrikchef hochzuarbeiten, war die Geburtsstunde des Führungs-Alphatierchen.
Das Alphatierchen verstand es, die Ellbogen rechtzeitig auszufahren, den Informationsfluss zu kontrollieren, Arbeitsabläufe festzulegen und akribisch deren Einhaltung zu kontrollieren. Das Alphatierchen oder eben der Fabrikchef hatte das Sagen. Das war wie ein Gesetz. Fabrikarbeiter*innen unteren Ranges hatten den Anweisungen zu folgen, egal wie sinnhaft die Vorgaben waren. Und es funktionierte tatsächlich. Viele liessen sich motivieren, in dem sie eine Perspektive auf eine Karriere in der Fabrik hatten. Andere waren dankbar, wenn das Alphatierchen das Denken übernahm und sie einfach die Arbeiten ausführen mussten. Und das Alphatierchen war glücklich, wenn es über die Fabrikhalle schaute und seine fleissigen und fügsamen Fabrikarbeiter*innen beobachtete, schliesslich war das seine Fabrik und seine Mitarbeitenden. Heute stehen viele Fabrikhallen leer, denn die Produktionsweisen haben sich verändert, das Einkaufsverhalten der Kundinnen hat sich gewandelt, die Globalisierung hat den Wettbewerb verschärft und die Digitalisierung hat dazu beigetragen, dass die Fabrikarbeiter*innen plötzlich über Informationen verfügen, die es ihnen erlauben, selber zu denken und zu handeln und einen direkten Einfluss auf die Produktion von Gütern oder Dienstleistungen zu nehmen. Die besten Innovationen und die effizientesten Prozesse entstehen plötzlich nicht mehr dort, wo ein Chef (oder eine Chefin) alles kontrolliert, sondern wo die Fabrikarbeiter*innen erkennen, welchen konkreten Beitrag sie leisten und ihn gemeinsam, unter Einbezug der individuellen Stärken des gesamten Teams, zur Freude der Kunden umsetzen. An dem Tag, als das Team der Fabrikarbeiter*innen erkannte, dass sie effizienter und erfolgreicher die Kundenbedürfnisse erfüllen konnten, indem sie eigenverantwortlich und selbstorganisiert im Sinne ihrer Kunden handelten, sich selber informierten und als Team mit ihren vielfältigen Ideen und Stärken entschieden, was die im Moment beste Lösung sei - das war der Tag, an dem das Alphatierchen starb. Es war auch der Tag, an dem die Hierarchie in der Fabrik ein Ende fand, da sie ein Relikt vergangener Zeiten war. Es war eine spannende Zeit. Behalten wir das Alphatierchen in bester Erinnerung.
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Dezember 2021
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